Persönlichkeiten aus dem Bergell

Graf Camille Frédéric de Renesse

(1836 – 1904)

Das Hotel Maloja Palace sticht ins Auge. An einer Bucht des Silsersees thront der pompöse, pallastähnliche Prunkbau. Auf fünf Stockwerken verteilen sich mehrere hundert Zimmer und Betten und 20 Ess- und Ballsälen – die Frage liegt nahe, wer einst dieses imposante Gebäude errichten liess. Der belgische Graf Camille Frédéric de Renesse war es, der um 1880 die Vision entwickelte Maloja in eine exklusive mondäne Kurstadt zu verwandeln, die den Adel und die Bourgeoisie anlocken soll. Doch wer war dieser belgische Graf und was wurde aus seinen Visionen?

Camille Frédéric de Renesse wird 1836 in eine Grafenfamilie belgischen Adels geboren. Über sein Leben ist wenig bekannt. Im Alter von 32 Jahren heiratet er die wohlhabende Gräfin Malvina de Kerkove von Denterghem. Zur Erholung kommt er 1880 nach St. Moritz. Einige Jahre zuvor ist es Johannes Badrutt, der erstmals auch im Winter Gäste aus aller Welt nach St. Moritz lockt – die Geburtsstunde des Wintertourismus’. Berauscht vom Erfolg Badrutts, entwirft auch Graf de Renesse seine Visionen, St. Moritz zu einer Alpenstadt der Grosshotels zu machen. Doch in St. Moritz soll er kein Glück haben – sein Versuch dort Land zu kaufen und seine Visionen in die Tat umzusetzen scheitert an der Macht der Familie Badrutt. Auch sein Traum, auf der Halbinsel Chasté bei Sils einen gigantischen, exklusiven Hotelkasten aufzustellen, bleibt eine Utopie.

Graf Camille Frédéric de Renesse

Bild: Graf Camille Frédéric de Renesse / Quelle: Wikipedia

Grandhotel Maloja Palace ca. 1900. Quelle: Wikipedia

Erst in Maloja, der Alp von Stampa, gelingt es dem belgischen Grafen die Familien Baldini, Oligatti und Giacometti zu überzeugen, ihm Land zu verkaufen. So kann er am Ufer des Silsersees rund 1’400’00 Quadratmeter sumpfigen Boden erwerben, wo er seine monumentalen Pläne Wirklichkeit werden lassen will. Er will Maloja in eine Kurstadt verwandeln, ein «Monte Carlo der Alpen» schaffen. Zentral gelegen soll ein Grandhotel entstehen, darum herum locker angeordnet exklusive Ferienvillen, kleinere Hotels, feine Restaurants, Bäderanlagen, Sportplätze und ein Spielcasino. Auf dem Silsersee sollen Dampfschiffe fahren; eine Skisprungschanze, Skijöring und Eisfelder sollen gut betuchte Wintersportbegeisterte anlocken. Seine Pläne gehen so weit, dass er Maloja sogar an eine internationale Eisenbahntransversale anschliessen will. Über allem thronend will er sein eigenes Anwesen mit Turm, das Belvedere, bauen. Maloja soll zum Dreh- und Angelpunkt der hocharistokratischen konservativen Welt, der Noblesse und des Adels werden.

Tatsächlich lässt er seinen Hotelkoloss und auch seinen Hochsitz bauen: nach nur zwei Jahren Bauzeit eröffnet der Graf 1884 sein pompöses Grandhotel. Er stattet das Luxushotel mit einer damals topmodernen Warmluftheizung aus, verlegt 18 Kilometer Röhren für die sanitären Einrichtungen, baut einen mit Wasserdruck betriebenen Personenaufzug ein und richtet alles mit der Exklusivität höchster Qualität ein. Prinzen und Gräfinnen aus ganz Europa kommen angereist und tauchen in die luxuriöse Bergwelt ein, die de Renesse wortwörtlich aus dem sumpfigen Boden gestampft hat.

Doch eine Choleraepidemie in Italien lässt bereits die erste Saison abrupt enden. Mit dem hat der Graf nicht gerechnet, seine sowieso bereits fantasievoll geschmückten Kalkulationen geraten durcheinander. Hinzu kommt, dass seine Gattin im zarten Alter von 38 Jahren an einem Fettherz stirbt. Zudem hat er bei der Planung eines Spielcasinos der Extraklasse die schweizerische Gesetzgebung, die das Glücksspiel seit 1877 verbietet, aussen vor gelassen. Während in St. Moritz die Reichen und Schönen ein- und ausgehen, muss Camille de Renesse nur fünf Monate nach Eröffnung bereits Konkurs anmelden. Der Mann der grossen Würfe hat sich verschätzt. Gerüchten zufolge soll sich der verzweifelte belgische Adlige im Champagnerrausch von seinem Hochsitz Belvedere ins Bergell hinunter in den Tod gestürzt haben. In Tat und Wahrheit geniesst dieser aber friedlich seinen Lebensabend in Nizza, wo er seinen Weg zu Gott findet, und christliche Literatur verfasst. 1904 stirbt er.

Obschon sich der Graf de Renesse verspielt hat, bleibt das Hotel Kursaal in Maloja für die folgenden Jahren eine Adresse für die Reichen Europas. Beachtenswerte Theateraufführungen und Auftritte von Künstlerinnen und Künstler der Mailänder Scala machen von sich zu reden. Von dem, was de Renesse ursprünglich geplant hat, wird aber nur wenig Realität. Lediglich drei der geplanten Ferienvillen werden gebaut. Vieles blieb eine Utopie. Mehrere Eigentümer versuchen ihr Glück mit dem Hotelgiganten. Doch 1934 ist vorerst Schluss – das Hotel schliesst seine Türen. Während den Kriegsjahren dienen die Räume der Schweizer Armee für Wiederholungskurse. Ende der 50er Jahre erwirbt eine belgische Versicherungsgesellschaft das Gebäude für Jugendferienlager. Heute ist das Maloja Palace wieder für Hotelgäste aus aller Welt geöffnet.

Burg Belvedere in Maloja. Quelle: Helveticarchives

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