Persönlichkeiten aus dem Bergell

Andrea Garbald

(1877 – 1958)

Im Sommer 1877 erblickt Andrea Garbald im Bergellerischen Castasegna das Licht der Welt. Er ist der älteste Sohn des Ehepaars Agostino und Johanna Garbald-Gredig. Er wächst in einer Familie auf, die im engen und einfachen Bergtal einen weltoffenen, humanistischen und sozialen Lebensstil pflegt. Agostino, der Vater, interessiert sich mit unermüdlichem Forschergeist für Naturwissenschaften, während Johanna unter dem Pseudonym Silvia Andrea als Schriftstellerin Bekanntheit erreicht. Die Familie wohnt in einer eigens für sie vom berühmten Architekten Gottfried Semper gebauten Villa in Castasegna. Andrea erlebt wohl eine für das Bergell der damaligen Zeit aussergewöhnliche Kindheit. Die wenigen Zeitzeugnisse, die von ihm existieren, bezeugen dass er als Kind ein Sonderling war, der seinen Mitschülerinnen und Mitschüler kaum Interesse abgewann und statt zu spielen für sich philosophierte.

Im Alter von 19 Jahren tritt er ein Praktikum und eine Lehre am Fotografischen Laboratorium am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich an. Nach seiner Rückkehr richtet er in der elterlichen Villa ein Fotostudio und Optikergeschäft ein. Die soll der Startschuss für seinen Werdegang als ersten Berufsfotografen des Bergells sein. Fortan fotografiert der junge Mann an Familienfesten, Theateraufführungen und Hochzeiten, fertig unzählige Porträt- und Landschaftsaufnahmen an und stellt Postkartenserien her. Dabei wird er stets unterstützt von seiner Schwester Margherita, die ihm wohl auch bei der Entwicklung der Bilder in der Dunkelkammer zur Hand geht. Ausserdem steht sie ihrem Bruder regelmässig Modell. Dank dem von seinem Vater erarbeiteten Vermögen, kann sich Andrea stets den neusten Stand der Technik in der Fotografie und nur das beste Fotopapier leisten.

Fotografo A. Garbald

Bild: Andrea Garbald / Quelle: www.garbald.ch

Andrea Garbald Fam_Giacometti_1911

Familie Giacometti 1911 (Bild von Andrea Garbald) Quelle: https://www.garbald.ch

Nebst vielen anderen Gesichtern des Tals lichtet Andrea Garbald auch die im Bergell wohnhafte sechsköpfige Familie Giacometti ab. Das Bild, das den später weltberühmten Alberto Giacometti als kleinen Jungen im Kreise der Künstlerfamilie zeigt, wird später zwar fast in jeder Giacometti-Biografie gedruckt, der Fotograf dahinter findet jedoch nie Erwähnung.

Andrea Garbald sieht sich aber nicht nur als Fotograf, sondern auch als Künstler. Bei seinen freien Arbeiten will er nicht nur Augenblicke der Realität fotografisch festhalten, sondern stellt die Schönheit des Motivs, die Komposition und die künstlerische Ausdrucksweise in den Vordergrund. Seiner Bildsprache soll eine Kraft innewohnen, die der der Malerei gleichkommt. Seine Suche nach Formen und Kompositionen und seine dadurch entstehenden stilistischen Bilder stossen bei der Talbevölkerung nicht nur auf Verständnis. Wahrscheinlich blieb er zeitlebens der Sonderling, der er als Kind bereits war.

Während sein jüngerer Bruder Agosto nach Brasilien auswandert, wo er früh stirbt, lebt seine Schwester Margherita gemeinsam mit Andrea bis zu ihrem Tod in der elterlichen Villa. Da sie die letzten Abkömmlinge der Familie Garbald sind, verfassen sie gemeinsam ein Testament, dass eine Stiftung mit dem Zweck der Förderung des Kunstsinns und der Erhaltung des schriftstellerischen Werks der Mutter vorsieht. Das fotografische Schaffen Andreas findet darin keine Erwähnung. So wird Andrea Garbald zwar zum Chronisten des Bergells, der ein Kulturgut erschuf, dass jedoch viele Jahre in Vergessenheit gerät. Denn nach seinem Tod verschwindet das ganze Erbe der Familie von der Bildfläche.

Erst dem Fotokünstler Hans Danuser ist es zu verdanken, dass das gesamte fotografische Werk Garbalds wiederentdeckt wurde. Dieser stösst mehr zufällig auf dem Dachboden der Villa in Castasegna auf unzählige Glasplattennegative, Bücher, Zeitschriften, Fotogerätschaften und optische Utensilien und erkennt deren kulturellen Wert. Hans Danuser legt den Grundstein der heutigen Fondazione Garbald, die aus der Villa in Castasegna ein Seminarzentrum als Ort des Denkens und der Begegnung macht. Die Stiftung bemüht sich auch um die Sicherung und Ehrung des künstlerischen Schaffens Andrea Garbalds. Sein Nachlass wird heut im Bünder Kunstmuseum aufbewahrt.

Bleiben Sie mit dem SOGLIO-Newsletter über neue Blog-Beiträge informiert.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, die wir in unserem Newsletter vorstellen. Etwa einmal im Monat erscheint eine neue Ausgabe.

HABEN SIE FRAGEN? RUFEN SIE UNS AN +41 (0)81 822 18 43

Wir beraten Sie gerne: Montag bis Freitag, 08.00 bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 17.30 Uhr.

Kontakt Schweiz

SOGLIO-PRODUKTE AG
Via Principale 21
7608 Castasegna
Schweiz

Tel. +41 (0)81 822 18 43
Fax +41 (0)81 822 19 70
mail@soglio-produkte.ch

Kontakt Deutschland / EU

SOGLIO (Deutschland) GmbH
Hauptstraße 29
79807 Lottstetten
Deutschland

mail@soglio-produkte.eu

Öffnungszeiten Laden Castasegna

Mo bis Fr, 8.00 bis 12.00 Uhr
und 13.30 bis 18.00 Uhr

Öffnungszeiten Laden Soglio

Von Juni bis Mitte Oktober
Mi* / Do / Fr / Sa 11.00 bis 17.00 Uhr
*Erst ab 1. Juli